Preisgestaltung im Webdesign: wie viel kostet eine Website?

Letztens erhielt ein Interessent von mir einen Kostenvoranschlag für zwei Pages, teilweise mit Online-Verwaltungsoberfläche. Auf meine Nachfrage, ob noch Fragen offen wären, kam folgendes Mail zurück:

nun es hat sich ergeben, dass mehrere Studenten die Homepage natürlich weit günstiger machen. Ich muss sagen, dass Ihr Preis sehr hoch ist und ich dem nicht näher treten kann. Es gibt derzeit so viele Leute, die Homepages machen und die Preise auch für Tophompages sind sehr günstig. Ihr Preis liegt in etwa rund 70 % höher als die Preise von anderen Anbietern. Leider muss ich Ihnen diese Mitteilung machen und wir können nur dann ins Geschäft kommen, wenn Sie einen weit geringeren Preis anbieten können.

Da ich mit Sicherheit zu den behutsam kalkulierenden Website-Profis zähle, habe ich lange überlegt, ob ich das Mail überhaupt kommentieren und zurückschreiben soll. Ich hab mich dann aber doch dazu entschlossen:

Sehr geehrter Herr XXXX,

ich habe überlegt, ob ich Ihr Mail kommentieren soll und mich nun doch dazu entschlossen.

Es ist durchaus klar, daß jemand, der keine Steuern und Sozialabgaben leisten muß, weitaus billiger arbeiten kann. Insofern ist dieser Preisvergleich nicht zulässig, weil er nicht auf denselben Grundvoraussetzungen basiert. Deshalb kommts auch, daß Schwarzbastler ohne Gewerbeschein immer öfter auf Anregung von offiziellen Firmen Post von Finanzamt und Sozialversicherung bekommen…

Ausserdem immer wieder aus der Ferne beobachtet: der Student, der gar so billig eine Page gebastelt hat, ist nach Abschluß des Studiums nicht mehr wirklich interessiert und auch meist zeitlich dazu nicht in der Lage, die Pflege der Page um 10 Euro pro Stunde weiter zu übernehmen, wenn er in seinem Brot-Job das fünffache verdient. So kommts dann zu verwaisten Websites, deren neueste News bereits 5 Jahre alt sind. Ein Profibetrieb existiert im Normalfall (wenn er kaufmännisch kalkulieren konnte) auch nach Jahren noch und kümmert sich drum, daß seine Referenzen nicht veralten. Ausserdem hat der Profi auch die Verpflichtung (gegenüber sich selbst und seinen Kunden), sich selber weiterzubilden und Pages anzubieten, die dem Zeitgeist und dem Stand der Technik entsprechen. Der Unterschied zum Hobby-Bastler fällt zumindestens sichtbar, oft aber dramatisch aus.

Weiters sollte man nicht Äpfel mit Birnen vergleichen: eine Page auf die Beine zu stellen, die 5 Seiten statischen Text, aus dem Netz zusammengeklaubte, nicht zusammenpassende Bilder und ein Kontaktformular bietet, ist nun einmal mit weit geringerem Aufwand verbunden als eine umfangreiche Top-Page in aktueller Technik mit optimal bearbeiteten Bildern und mit interaktiven Elementen, die in meinem KV für Ihre Firmenpage angeboten wurde. Und auch für die zweite Page wurde von mir eine speziell auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Wartungsoberfläche angeboten, die das Einpflegen neuer Daten und Fotos simpe und ohne großen Aufwand ermöglicht. Wenn ein Mitbewerber (egal ob ein anderer Profibetrieb oder ein “Illegaler”) nun einfach ein 08/15-Standardsystem anbietet, kann dieses mit Sicherheit nicht mit denselben Features bzw. mit einfachster Bedienung aufwarten – wenns weit billiger ist, wird man wohl einige Abstriche in der Bedienungsqualität machen müssen.

Gerade bei datenbankgestützten Seiten ist weiters eine gewisse Sicherheit wichtig – oder gefällt ihnen der Gedanke, daß durch schlechte Programmierung alle eingegebenen Daten (also etwa auch Kontaktdaten von Interessenten und Kunden, Kreditkartendaten und dergleichen) von Unbefugten ausgelesen werden könnten? Selbst wenn beim Scripting der Applikation alle gängigen Sicherheitsmaßnahmen ergriffen werden: Der Check auf mögliche Sicherheitslecks des finalen Systems sollte nicht dem Sparstift zum Opfer fallen – dazu braucht man jedoch nicht nur Zeit, sondern auch ein gewisses Fachwissen, daß von jemandem, der sich nicht tagtäglich damit befasst, oft nicht vorausgesetzt werden kann.

Fazit: Top-Qualität ist, wie in jedem anderen Lebensbereich auch, oft nicht billig, zahlt sich aber aus. Das Netz bietet Kleinfirmen wie meiner oder auch Ihrer, die Möglichkeit, sich weltweit zu präsentieren wie ein Großkonzern. Genauso schnell gehts aber im Internet auch, sich weltweit zu blamieren. Welchen Weg man wählt, bleibt einem selbst überlassen – gerade bei Billigangeboten sollte man aber doppelt kritisch sein.

Da meine KVs exakt auf Ihre Bedürfnisse ausgerichtet, sowie marktüblich und präzise kalkuliert waren, verbietet es mir die Liebe zu meiner Firma und meinem Job, den gebotenen Preis wesentlich zu unterschreiten. Könnte ich dieselbe Leistung um 70% billiger anbieten und damit ebenfalls noch als Firma dauerhaft überleben – ich würde es tun. Eine Unterschreitung der angebotenen Summen um 70% ist aber zwangsläufig mit der ersatzlosen Streichung von Features verbunden. Was ich zu den gegebenen Konditionen drauflegen kann, sind 5% Rabatt bei Barzahlung – jede weitere Senkung der Preise bei gleichbleibender Leistung wäre unseriös und auch kaufmännisch nicht vertretbar.

Sollten Sie sich dazu entscheiden, einen studentischen Schwarzarbeiter einzusetzen, wünsche ich bereits jetzt aus den oben genannten Gründen viel Glück. Schade, ich hätte mich über eine Zusammenarbeit gefreut.

Freundliche Grüße & ein schönes Wochenende
Ernst Michalek

P.S.: Der Vollständigkeit halber muß ich auch noch darauf hinweisen, daß jegliche von mir an Kunden übersendete Seitenentwürfe auch an meinen Anwalt gesendet werden und vollen Urheberrechtsschutz geniessen. Das damals von mir an Sie gesandte Vorlayout darf also nicht von Dritten in eine funktionsfähige Page verbraten werden!

Was zu dem Thema auch noch passt, ist dieser Text von John Ruskin, der ja mittlerweile weltbekannt, jedoch immer noch gültig ist:

“Es gibt kaum etwas auf dieser Welt, das nicht irgend jemand ein wenig schlechter machen und etwas billiger verkaufen könnte, und die Menschen, die sich nur am Preis orientieren, werden gerechte Beute solcher Machenschaften. Es ist unklug, zuviel zu bezahlen, aber es ist auch unklug, zuwenig zu bezahlen. Wenn Sie zuviel bezahlen, verlieren Sie etwas Geld, das ist alles. Wenn Sie dagegen zuwenig bezahlen, verlieren Sie manchmal alles, da der gekaufte Gegenstand die ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen kann. Das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, für wenig Geld viel Wert zu erhalten. Nehmen Sie das niedrigste Angebot an, müssen Sie für das Risiko das Sie eingehen, etwas hinzurechnen. Und wenn Sie das tun, dann haben Sie auch genug Geld, um für etwas Besseres zu bezahlen.”

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Ernst Michalek
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17 Kommentare
  1. Andreas (dekaf)
    Andreas (dekaf) sagte:

    sorry, off-topic: schoen zu sehen dass hier wieder regelmaessig was neues geschrieben wird, ein grund mehr regelmaessig vorbei zu kommen. (und heli deinboek schauen wir uns auch noch mal gemeinsam an!)

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  2. ernst
    ernst sagte:

    Die Reaktion kam gestern abend – ich hab eigentlich nicht damit gerechnet, überhaupt eine Reaktion zu bekommen. Aber wenn ich das Mail an ihn nicht geschrieben hätte, hätt ich mich wahrscheinlich wochenlang ärgern müssen. Hier das Rückmail:

    danke für das Mail, aber es ist leider so, dass der Preis den Markt bestimmt und derzeit so viele Leute sich mit EDV beschäftigen und sogar 15-jährige bereits besser sind als so mancher “Kaufmann in EDV”. Wir sind in einer Hightechwelt und die jungen sind so gut, dass es unglaublich ist.

    Auch in Russland oder oststaaten bekommt man die Homepages um billigstes Geld mit einer Qualität, da kommt in Westeuropa niemand mit, diese Leute sind Top.

    Auch wir als kleines Büro müssen Geschäfte machen, aber auch wir müssen oft genug die “Hose runterlassen” und besser ein Geschäft zu einem billigen Preis als gar keines.

    Anyway, es ist leider so, dass wir das gleiche wie von Ihnen um rd. 1000 Euro bekommen mit allem drum und dran und da müssen wir einfach zuschlagen.

    Aber keine Sorge, wir verwenden Ihren Vorschlag nicht.

    Mit freundlichen Grüssen

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  3. ernst
    ernst sagte:

    Ich hab sowieso vor, in einigen Wochen mir die Page anzusehen und entsprechend zu kommentieren. Auch die nötigen PHP-Scripts, die er für seine Seitenfunktionen brauchen wird, verlangen geradezu einen Überlistungstest ;-)
    Aber ich selber hab nicht vor, mich nochmals als Dienstleister aufzudrängen – ich hab gottseidank momentan genug im Kalender.

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  4. Pepino
    Pepino sagte:

    Falls Du mit “denen” dennoch irgendwann mal Geschäfte machen möchtest, empfehle ich Dir eine Wiedervorlage in (sagen wir mal) 6-9 Monaten… dann brauchen sie professionelle Hilfe :-)

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  5. rene
    rene sagte:

    die wortwahl “kaufmann in EDV” läßt ja schon auf den absoluten Profi schließen. Das war ein reiner Einkäufer der tatsächlich nur auf den Preis schielt. Hier zählen Produktionssicherheit oder hochwertige CMS nichts… 1000 Euro… lächerlich!

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  6. Paul
    Paul sagte:

    Es gibt Firmen, die früher nie auf den Gedanken kamen, eine Webseite sei zuträglich für ihr Geschäft. Jetzt braucht man plötzlich eine, weil ja die Konkurrenz auch eine hat.
    Diese Firmen gehen oft, ohne eine konkrete Vorstellung wie sie eine Webseite konkret zu Ihrem Vorteil nutzen wollen zu verschiedenen Anbietern und lassen sich Preise nennen. Da wundert es nicht, das diese Firmen oft nicht bereit sind für eine statische Präsenz einen 4stelligen Betrag hinzulegen. Sie sehen keinen direkten Nutzen und kümmern sich auch nicht um diesen. Also wendet man sich an den Schüler/Student.

    Es ist für Webdesignagenturen also wichtig immer einen konkreten Nutzen einer Webseite für Ihre Kunden rauszuarbeiten, den nur dann werden die “hohen Preise” verständlich. Webdesignagenturen sind dürfen nicht nur blinde Dienstleister sein, sie müssen sich aktiv einmischen, auch mal ungefragt ein kleines Konzept entwerfen und zeigen, dass eine Webseite auch zusätzlich zur Imagebildung Geld sparen kann, sei es durch Information oder anderes.
    Oft hilft es auch detailiert den Arbeitsaufwand aufzustellen und zu zeigen, dass andere Angebote hier einen wesentlich niedrigeren Arbeitsaufwand einkalkulieren und damit wohl auf Dauer noch weitere Kosten kommen können.

    Dann gibt es noch andere Unternehmen, die Qualitätsbewusst sind und bereit sind eine gute Leistung, die ihnen etwas bringt, auch angemessen zu honorieren.

    Meiner Ansicht nach ist es eine der wichtigsten Aufgabe der Agenturen zu wissen, in welchem Preissegment sie arbeitet um dann dort gezielt ihre Kunden aufzuspüren.

    Antworten
  7. kindchen
    kindchen sagte:

    Neben der blosen Website, muss man dem Kunden natürlich einen Mehrwert geben, der nicht nur in der technischen, sondern auch in der konzeptionellen und gestalterischen Kompetenz liegt. Auch Sicherheitsfragen oder Suchmaschinenmarketing etc. werden den höheren Preis gegenüber dem Studenten recht bald rechtfertigen.

    Wenn man in diesen Bereichen “auftrumpfen” kann, ist der Schüler od. Student bald schon keine Konkurenz mehr. Vorausgesetzt der Kunde will auch wirklich eine professionelle Website für sein Geld bekommen. (Was, wie beschrieben, nicht immer der Fall ist)

    War selber lange genug Student und habe so gearbeitet und muss jetzt mein Geld auch “ehrlich” verdienen.

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  8. egal
    egal sagte:

    Der Kunde schreibt er bekommt das gleiche um rd. 1000 EUR, du bist aber 70% teurer…
    Das heißt du hast nur 1700 EUR verlangt? Und deshalb macht ihr so einen Aufstand?

    Antworten
  9. ernst
    ernst sagte:

    Wie ich heute von einem anderen Kunden hörte, der ebenfalls mit dem besagten Interessenten ins Geschäft kommen wollte, läuft offenbar jedes Geschäft bei dem drauf raus, möglichst billig zu sein. Wie auch in einem Kommentar am Werbeblogger (http://www.werbeblogger.de/index.php/2005/05/30/preisgestaltung) (richtig) vermutet wurde, gings mir beim Rückmail an den Interessenten hauptsächlich darum, daß ich mich wahrscheinlich wochenlang geärgert hätte, wenn ich KEIN Mail verfasst hätte. Gottseidank bin ich nicht mehr drauf angewiesen, Aufträge auszuführen, die zwar keinen Gewinn aber einen neuen Eintrag in der Referenzliste bringen…

    Antworten
  10. ubuubuib
    ubuubuib sagte:

    mit webdesign lässt sich leider kaum noch geld verdienen, mit php&mysql schon eher weil das die kleinen schüler ´nicht so einfach nachäffen können…

    schaut euch die budgets bei jobdoo an…. ich krieg da das große kotzen wenn einer für 130 euro einen onlineshop haben will…

    Antworten
  11. ernst
    ernst sagte:

    Das ist meiner Meinung nach der Grund, warum Jobdoo nie so richtig in die Gänge gekommen ist: weils dort ausschließlich drum geht, argumentationslos billiger zu sein als andere. Und bei den dort gebotenen Preisen für Dienstleistungen würd ich da nie mitbieten (wollen).

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  12. ubuubuib
    ubuubuib sagte:

    zum glück hat der anbieter ja nach auktionsende die freie wahl… genauso gut könnte er aber gleich in einem webmaster-forum nach designern/proggern suchen und sich von allen referenzen zuschicken lassen.

    neulich hat einer für die erstellung von 25 bannern 60 euro geboten… ich frage mich wie die dann aussehen?!?!?

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  13. Rudolf Bösiger
    Rudolf Bösiger sagte:

    Anfragen mit Preisdumping-Absichten gibt es immer. Man muss versuchen, sie so früh wie möglich zu entlarven und dann darauf nicht eingehen. Für Freiberufler sind Anfragen, die auf einen Betrag unter 500 Euro herauslaufen zu hinterfragen. Eine Uebersicht zu den Website-Ausgaben im deutschsprachigen Raum gibt die Site http://www.website-kosten.com.

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